Schmidt träumt vom Aufstieg mit Gilching: „Müssen zeigen, dass wir reif für mehr sind“

TSV hat Bayernliga im Blick

Einen Punkt Rückstand und ein Spiel weniger hat der TSV Gilching-Argelsried im Vergleich zu Spitzenreiter Sonthofen. Das Interview mit Trainer Peter Schmidt.

Gilching – Dass es beim Fußball-Landesligisten TSV Gilching-Argelsried in dieser Saison so gut läuft, ist eng mit dem Namen Peter Schmidt verknüpft. Vor dem ersten Punktspiel des Jahres am Sonntag beim FC Ehekirchen (14 Uhr) sprach der Starnberger Merkur mit dem 39 Jahre alten Trainer über Aufstiegshoffnungen, Erfahrungen aus der Vergangenheit und Zukunftspläne.

Herr Schmidt, sollte tatsächlich der Aufstieg in die Bayernliga gelingen, wäre das für Sie keine Premiere.

Ich habe in der Saison 2013/14 das Kunststück vollbracht, mit zwei Mannschaften gleichzeitig in die Bayernliga aufzusteigen: dem TSV Neudrossenfeld und der U19 des FC Deisenhofen. Aus beruflichen Gründen hatte ich mich damals Richtung Süden orientiert. Sie haben mich aber in Neudrossenfeld (Anm. d. Red.: Landkreis Kulmbach) dennoch zum Bleiben überredet. Es war eine verrückte Zeit damals. Da sind einige Tausend Kilometer zusammengekommen. Gott sei Dank hat mich meine Frau dabei sehr unterstützt.

Wie sehr lässt sich die Situation damals in Neudrossenfeld mit der aktuell in Gilching vergleichen?

Ich würde sagen, es ist sehr ähnlich wie damals. Wir hatten auch eine sehr gute Mischung aus Spielern mit höherklassiger Erfahrung und jungen, hungrigen Studenten.

„Wir haben aber vorgesorgt und unseren Kader weiter verbreitert.“

Peter Schmidt über den Aufstiegskampf.

Sie mussten aber auch schon eine bittere Erfahrung machen.

Ich kenne beide Seiten, auch die des Scheiterns. Zwei Jahre später führten wir mit den Herren des FC Deisenhofen die Landesliga zwei Spieltage vor Saisonschluss an. Am Ende wurden wir hinter Ismaning trotz einer ganz starken Punktzahl Zweiter und scheiterten in der ersten Relegationsrunde am SV Erlbach. Das war sehr schmerzhaft. Ich kann meinen Jungs in Gilching zeigen, wie es geht und wie es nicht geht. Ich habe beides miterlebt.

Wie bewerten Sie es, dass die Landesliga entgegen der ursprünglichen Planung bereits eine Woche früher mit einem kompletten Nachholspieltag startet?

Ich habe mal einen Schiedsrichter erlebt, der zu mir gesagt hat, wer aufsteigen will, muss mit allem klarkommen. Auch die Probleme mit Corona muss man annehmen. Wir haben aber vorgesorgt und unseren Kader weiter verbreitert. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren einige irrationale Entscheidungen des Bayerischen Fußball-Verbandes miterlebt. Es ist ja auch komisch, dass auf einmal aus dem Nichts der Pokalspielbetrieb erweitert wird und die zweite Runde bereits am Ostermontag ausgetragen werden muss. Aber man muss sich mit den Gegebenheiten arrangieren und das Beste daraus machen.

„Es ist alles schwer vorherzusehen. Aber dafür lieben wir ja den Fußball auch.“

Peter Schmidt über den Endspurt in der Landesliga.

Wie urteilen Sie über die aktuellen Corona-Entscheidungen des Verbandes? Es dürfen ja jetzt auch wieder Nicht-Geimpfte trainieren und mitspielen.

Für mich spielt das keine so große Rolle, wir haben nur einen Spieler, der nicht geimpft ist. Der muss jetzt aber natürlich einiges nachholen, ehe er wieder fit genug ist. Insgesamt macht es die Aufgabe von der Bürokratie her ein bisschen leichter. Aber man weiß ja nicht, wie es im Herbst dann weitergeht. Aber jetzt ist es erst mal schön, dass sich die Corona-Lage entspannt und man sich komplett auf die ausstehenden Spiele konzentrieren kann. Für die Spieler ist es am wichtigsten, dass die Vorbereitung vorbei ist und es endlich wieder richtig losgeht. Vorbereitungen sind ja bei Spielern nicht so beliebt. Ich mag die Wintervorbereitung auch nicht so gerne, weil man als Trainer draußen schon sehr frieren muss.

Wie sind Sie mit der Vorbereitung insgesamt zufrieden?

Wir hatten acht Corona-Fälle in der Mannschaft, aber sie haben sich ganz gut abgewechselt, und wir hatten immer genug Leute im Training. Die Jungs haben gut mitgezogen. Da muss man als Trainer zufrieden sein. Wir hatten auch den Kunstrasen für uns alleine. Ich hätte nichts anders gemacht, aber erst die ersten Spiele werden zeigen, ob wir bereit sind für das Aufstiegsrennen. Es ist alles schwer vorherzusehen. Aber dafür lieben wir ja den Fußball auch. Wer hätte es gedacht, dass wir als heißer Abstiegskandidat der vergangenen Saison jetzt ganz oben mitmischen?

„Unser Ziel muss es sein, den Zwei-Punkte-Schnitt zu halten. Dann ist alles möglich.“

Peter Schmidt.

Besonders in den Heimspielen agierte Ihr Team sehr stark, das war in der vorigen Saison noch ganz anders.

Das kann man nicht rational erklären. Wir arbeiten inzwischen sehr viel besser gegen den Ball, und mit den guten Ergebnissen ist das Selbstvertrauen auch deutlich gestiegen.

Wie wird Ihr Team mit der langen spielfreien Zeit umgehen? Wird es nach der Winterpause die Welle weiterreiten können?

Das ist ganz schwer vorherzusagen. Du kannst die ersten drei Partien auch alle verlieren, und dann würde es schwer werden. Das werden alles 50-50-Spiele werden. Wir können aufgrund der Tabellenposition zwar befreiter aufspielen als Teams, die gegen den Abstieg spielen. Aber du musst dir alles neu erarbeiten. Wir werden nicht die absoluten Überflieger sein, die alles wegschießen. Die Jungs müssen jedes Spiel seriös und sachlich angehen. Unser Ziel muss es sein, den Zwei-Punkte-Schnitt zu halten. Dann ist alles möglich.

„Uns jetzt in die Favoritenrolle zu heben, ist totaler Schmarrn. Natürlich haben meine Jungs jetzt das Ziel Aufstieg im Kopf.“

Peter Schmidt über den Dreikampf an der Tabellenspitze.

Welche Rolle können die Winterneuzugänge spielen?

Es ist auf jeden Fall wichtig, dass wir noch breiter aufgestellt sind. Die Infektionszahlen gehen zwar zurück, sind aber noch sehr hoch. Inwieweit sie uns qualitativ weiterbringen, wird sich zeigen. Aber Potenzial dafür ist auf jeden Fall da.

Wie bewerten Sie die Aufstiegskonkurrenten aus Sonthofen und Nördlingen?

Sie sind weiter die großen Favoriten. Man braucht ja nur schauen, wo die vor ein oder zwei Jahren noch gespielt haben. Uns jetzt in die Favoritenrolle zu heben, ist totaler Schmarrn. Natürlich haben meine Jungs jetzt das Ziel Aufstieg im Kopf. Aber wir müssen erst mal auf dem Platz zeigen, dass wir reif für mehr sind.

Was würde ein Bayernliga-Aufstieg für den TSV bedeuten?

Das würde erst mal heißen, dass mindestens ein weiteres Jahr in der Landesliga gesichert wäre. In der Bayernliga würde die Luft dünn werden, und es würde sehr hart werden. Aber die Spieler könnten wertvolle Erfahrungen sammeln. Es wäre falsch, in diesem Fall ganz tolle Spieler von außerhalb zu holen. Das wäre nicht nachhaltig.

„Es ist unser Kernproblem, dass die Jugendmannschaften zu niedrig spielen.“

Peter Schmidt will die Jugendarbeit verbessern.

Es gilt also, die Nachwuchsarbeit zu verbessern?

Es ist unser Kernproblem, dass die Jugendmannschaften zu niedrig spielen. Aber wir arbeiten alle im Verein daran, dass das in der Zukunft besser wird. Nur so lässt sich die Landesliga in Gilching dauerhaft erhalten. Das geht aber natürlich nicht von heute auf morgen und ist harte Arbeit. Aber es kann auch nicht das Ziel sein, jedes Jahr von anderen Vereinen Nachwuchstalente zu holen. Das Geld kann man sich sparen.

Bei Nachbar SC Olching möchte man einen anderen Weg gehen und sich mittelfristig in Richtung Bayernliga orientieren.

Ich will das nicht groß kritisieren. Jeder kann seinen eigenen Weg gehen. Ich denke aber, dass unserer der nachhaltigere sein wird. Steine statt Beine heißt das Motto. (Interview: TOBIAS HUBER)